Kein Kuchen ist auch keine Lösung!
Mein Leben zwischen Alltagswahnsinn, emotionalem essen, Down-Syndrom und meiner liebe für's backen und Tanzen...
Wenn ich so auf den gestrigen Tag zurückschaue, dann habe ich den Eindruck, ich hätte nahezu gar nichts gemacht. Erstaunlich ist nur, dass nahezu gar nichts doch immer noch einiges ist. Ich habe Frühstück gemacht, die Spülmaschine ein- und ausgeräumt. Eine kleine Torte gebacken, Wäsche sortiert, dem Kleinen die Haare geschnitten (samt Kind duschen und Saugen hinterher), Obst aufgeschnitten, einen Smothie gemacht, gespült, war mit dem Kleinen eine Runde im Viertel unterwegs, habe Salat und Bratkartoffeln gemacht und zwischendurch gelesen - wann immer es ging. Ich brauchte die Ruhe wohl, weil ich sonst sicher aktiver gewesen wäre. Ich musste auch dem Sportdiktator eine erneute Absage erteilen, weil es eine Peitschennummer geworden wäre. Schön war, dass ich abends noch spontan eine Freundin getroffen habe, weil ich mich sonst den Abend über verloren gefühlt hätte. Mein Mann war zwar von der Arbeit zurück, ist aber sehr bald eingeschlafen. Und zu einem nicht so eingespielten Tanzevent mochte ich auch nicht hin, dafür fühlte ich mich nicht gut genug. Da hätte ich mehr Sicherheit in mir gebraucht.
Auch das Buch, von dem ich schon erzählt habe, arbeitet in mir. Es ist nicht wirklich was Neues, aber ich mag die Art, wie die Autorin alles kompakt und auf eine praktische Art zusammengestellt hat, auch den emotionalen Teil der Essstörung. Es macht es irgendwie überschaubarer und ich kriege den Eindruck, dass es mir durchaus möglich ist, dass ich da noch mehr Frieden finde. Ich übe mich darin, mich und meinen Körper wirklich so anzunehmen wie er ist, weil alles andere sinnlos ist. Und eine Frage, die mir mein Mann im Übrigen auch oft stellt: wie hoch ist der Preis für dich, um dein vermeintliches Wunschgewicht zu erreichen? Und was hab ich davon, wenn ich es mit Disziplin erreiche? Geht es mir dann wirklich besser? Kurzfristig ja - aber dann? Dann beginnt der Kampf auf's Neue und das ist wenig liebevoll und Genuß kommt da dann auch nicht vor. Natürlich wird sofort der Einwand laut: wenn du nicht mehr daran festhälst, dann wirst du dick und fett! Woher willst du das wissen, das ist doch gar nicht gesagt. Ich habe oft genug die Erfahrung gemacht, dass wenn es mir gut geht, ich mich also gut behandele, dann ist emotionales Essen gar kein Thema! Und zu viel zu essen fühlt sich ja auch nicht gut an, das ist ebenfalls nicht liebevoll. Und es ist auch kein Verbrechen, wenn ich auf meinem Weg mal ja zu emotionalem Essen sage, wenn ich es möchte, wenn das, was gefühlsmäßig da ist, für mich anders nicht gut händelbar ist. Ich übe mich ja beständig darin, mich und meine Gefühlswelt kennenzulernen und auch die leisen Stimmen zu hören, denen häufiger zu folgen. Also: weiter so, das wird schon! Beruhigender, schöner Gedanke :) Ach ja, schön war die Geschichte, die ich mit unserem Sohn im Gemeindehaus, wo dieser Markt stattgefunden hat, erlebt habe. Dort gab es auch Kuchen und er wollte gerne ein Stück Pflaumenkuchen. Ich habe ihm eins gekauft und wir sind raus in den Hof, wo ein Kindertisch stand. Die Stücke waren sehr klein und er wollte noch ein weiteres. Also habe ich ihn mit dem Teller und Geld zurück zum Buffet geschickt, damit er sich ein weiteres holen konnte. In der Schlange wollte eine Frau ihm den leeren Teller abnehmen, doch mein Sohn gab den nicht her. Eine Freundin von mir, die die Szene beobachtet hat, sagte ihr dann, dass er das durchaus alleine könne. Die Frau, die den Kuchen ausgab, fragte auch erst einmal, wo den die Mama sei. Die ist draußen, sagte er ganz selbstverständlich und gab ihr den Teller. Hast Du denn auch Geld? Klar, und er gab ihr auch das. Die brauchte scheinbar auch was, um meinem Sohn zu vertrauen. Naja, die Leute können ihn wahrscheinlich nicht alle gut einschätzen. Ich jedenfalls wusste, was ich ihm da zutraute. Er ass danach auch noch ein drittes Stück - nicht ohne Protest von meiner Seite!
0 Kommentare
Ich bin echt froh, dass nach den ersten zwei Arbeitstagen erst einmal ein Wochenende folgt! Denn leider ist die Situation in der Firma zurzeit nicht sehr einfach und das schlaucht neben den vielen Stunden zusätzlich. Gestern stand ich dann auch noch recht lange im Stau... Die ganze Zeit läuft ein Antreiber in meinem Kopf mit, der will, dass ich mich unbedingt mehr bewege, Sport mache. Ist ja alles gut und schön, aber es nervt auch, weil ihn all meine anderen Bedürfnisse nicht interessieren. Am meisten spüre ich den Wunsch nach Ruhe und Entschleunigung. Dagegen meckert auch der Gute-Mütter-Ditktator an, der will, dass ich etwas tolles mit dem Kleinen unternehme. Der wäre ja am liebsten wieder ins Schwimmbad, aber das mag ich heute - zumal ich mein Auto verliehen habe - gar nicht. Vielleicht morgen. Also hatte ich geplant, dass wir mit der jüngeren Schwester zusammen zu meinem Mann auf den Markt fahren, aber eine Freundin machte mich vorhin auf die Kurdendemo aufmerksam, die auf unserem Weg in die Stadt stattfindet. Die Bahnen fahren nicht planmäßig und ich muss auch nicht unbedingt da rein geraten. Ich denke, wir werden nachher mal hier im Viertel zu einem Handmade-Markt von Freunden und Bekannten gehen und auf dem Heimweg noch etwas einkaufen. Ich brauche noch das eine oder andere für die Schokotorte für meinen Schwiegervater, dessen Geburtstag wir morgen nachfeiern. Gerade habe ich meinem Sohn die Haare geschnitten, es war meiner Meinung nach nötig. Ich kann das aber nicht so richtig gut, von werde ich mich für das nächste Mal nach einer mobilen Frisörin umschauen. Denn zu Hause kann ich wenigstens der Fernseher anmachen und man kann halbwegs schneiden, ohne allzu sehr von ihm behindert zu werden. In einem Salon finde ich das Ganze sehr viel stressiger. Die Schwestern meckern dann immer mit mir, weil ich ihm die Haare angeblich immer zu kurz schneiden würde, aber allzu lang finde ich nicht schön. Das Deckhaar habe ich dennoch recht lang gelassen, das ist der Kompromiss.
In meiner Vorstellung hatte ich für heute Abend noch genug Energie um zu tanzen. Aber wenn ich ehrlich sein soll, kam der Antrieb für dieses Vorhaben doch aus dem Sportdiktator. Er verlangt ja beständig von mir, dass ich auf jeden Fall genug Sport treiben soll... Er hat ja nicht ganz unrecht und ich habe auch festgestellt, dass manches Mal Bewegung auch Energie bringt, aber gegen haufenweise Widerstände anzugehen, macht es irgendwie zunichte. Das ist das alte Muster: DU MUSST! Außerdem habe ich nie das Problem, mich zum Tanzen am Wochenende zu motivieren, aber gerade bei den 5 Rhytmen habe ich mich oft so gar nicht wohl gefühlt. Da muss ich für drauf sein, um das, was da kommt, auf mich zukommen zu lassen. Das ist schon anders als das freie Tanzen, welches ich sonst so genieße. Ich wollte jedenfalls nicht, das wurde heute sehr deutlich. Im Gegensatz dazu hatte ich eben das dringende Bedürfnis, noch mal vor die Tür zu gehen. Mit Betonung auf GEHEN. Nachdem ich den Kleinen im Bett hatte, habe ich mir also meinen Rucksack geschnappt und bin noch zum Supermarkt. Es war nicht dringend nötig, aber nun haben wir auch noch die zwei, drei Sachen mehr, die uns eigentlich für unsere Pizza morgen fehlten. Die Luft war wunderbar angenehm, nicht zu warm oder zu kalt und das Licht war wunderschön. Das war einfach schön!
Heute morgen hatte ich erst etwas Schwierigkeiten wieder in die Arbeit reinzufinden und dachte irgendwann, oh weh, so viel Papier! Gerade an diesen Rechnungstagen ertrinken wir förmlich darin. Aber dann wurde alles sehr schnell wieder zur Routine und ich war wieder drin. Allerdings verlief der erste Tag nicht ganz ohne Bauchschmerzen, das ist aber meistens so. Zu viel Unsicherheit und Unklarheit, die dann da erst einmal auf mich zukommt. Vorgestern habe ich ein Buch angefangen, über das eine Frau aus einem anderen Blog berichtet hat. Es heißt "Essanfälle ade" und ist von Olivia Wollinger. Ich habe die ersten Seiten nur so verschlungen und dachte permanent: Ja genau! So ist es. Spricht die von mir? Unglaublich. Ich habe schon viele Ratgeber gelesen und viel über Essstörungen erfahren und gelernt und trotzdem war es noch mal anders, noch mal näher an dem dran, was ich erleb(t)e, so dass es mir erneut die Augen öffnete. Manche Unklarheit verstehe ich jetzt besser. Zum Bespiel, woher die beständigen abwertenden Gedanken in Bezug auf mich selber herkommen. Sie nennt es die "Toxische Scham" - eine Scham, die sich auf unser gesamtes Wesen bezieht und nicht nur auf einzelne Verhaltensweisen. Dass man dieses Gefühl zu betäuben versucht, ist nur zu verständlich. Ebenso gehört es dazu, dass man in Gedanken ständig kreist, nicht selten um sich selbst. Oder der Hang zum Perfektionismus: "Wenn ich schon nicht perfekt bin, versuche ich wenigstens, alles perfekt zu tun." Auch Stimmungsschwankungen, Schwierigkeiten mit dem Spüren und Mangel an Selbstliebe sind mir nicht fremd. Hochsensiblität kann auch dazu gehören, wobei ich mir da immer noch nicht im Klaren darüber bin, ob ich dazu zähle oder nicht. Ein bisschen denke ich schon, die Grenzen sind ja immer fließend. Beruhigend stelle ich fest, dass ich auch in ihrem Sinne auf dem richtigen Weg bin und es nur langsam, behutsam und mit viel Üben ein Weiterkommen gibt. Härte, Disziplin und Pläne sind kontraproduktiv, das ist auch mir schon lange klar - dafür bin ich schon zu lange auf meinem "Heilungsweg"! So, wie sie schreibt, hätte mich aber alles andere auch gewundert. Im Grunde habe ich schon so viel mehr "Freiheit" erlangt und eigentlich gibt es wirklich Essanfälle fast kaum noch. Es ist eher so, dass ich mitunter abends etwas mehr zulange, mehr esse, als ich bräuchte und dass da so immer noch so eine nervige Stimme an mir rumnörgelt, dass ich abnehmen müsste. Warum auch immer. Ich bin ja nicht wirklich dick. Aber eben nicht schlank genug. Sagt sie. An guten Tagen nehme ich das halt nicht mehr so für bare Münze, denn im Grunde fühle ich mich eigentlich ganz wohl. |
Autorin
Tina, geb. 1969 Categories |