Kein Kuchen ist auch keine Lösung!
Mein Leben zwischen Alltagswahnsinn, emotionalem essen, Down-Syndrom und meiner liebe für's backen und Tanzen...
Wäre ich schon wach gewesen und mir des vollen Umfangs der Aktion bewusst gewesen, hätte ich viellleicht doch in Kauf genommen, dass meine Tochter und ihre Freundin zu spät zu ihrem Job kommen. Aber als ich mit dem Kleinen zur Toilette war, wurde ich gefragt, ob ich sie denn fahren könnte... sie hätten verschlafen. Da die andere Schwester sich bereit erklärte, bei ihrem Bruder zu bleiben, bin ich nur in meine Klamotten gesprungen, habe mir eine Mütze auf mein wirres Haar gesetzt und wir sind durch die verregnete Stadt gefahren. Einmal quer durch. Ich hatte nicht mal einen Tee getrunken oder mir einen mitgenommen, das war ein echtes Versäumnis. Ich habe ja auch morgens, wenn ich zur Arbeit fahre, einen dabei. Apropos Tee - in letzter Zeit kam mal wieder öfter der Wunsch danach auf, wieder mal einen Kaffee zu trinken. Aber es ist ähnlich wie mit den Zigaretten... die Vorstellung ist schöner als es wirklich zu tun. Und dann geht es auch vorbei und ich bleibe weiterhin bei Tee und Muckefuck. Damit geht es mir einfach besser.
Nachdem wir die Woche über eher entspannt gearbeiten haben, war es gestern noch mal richtig stressig. Außerdem hatte ich die längere Schicht und kam nicht sehr früh raus aus dem Büro. Das ist vor einem langen Wochenende nicht so prickelnd, denn die Autobahnen waren dann schon ziemlich dicht, als ich nach Hause wollte. Wieder war ich über eine Stunde, vielleicht sogar anderthalb unterwegs. Das so wunderbare Sonnenwetter hat mich in meiner Blechbüchse immer weiter aufgeheizt, das wurde im Stau nahezu unerträglich. Ich hatte unserem Sohn eigentlich versprochen, dass wir in die Arcaden fahren würden. Seine Brille brauchte eine Überholung und er hatte so viel Taschengeld angespart, dass er es unbedingt im Spielzeugladen auf den Kopf hauen wollte. Als ich diese Redewendung in seiner Anwesenheit benutzte, sagte er nur "Aua!"... Es fiel mir nicht schwer, mir vorzustellen, wie genervt ich sein würde, wenn ich nach diesem Tag noch mit ihm durch das Einkaufszentrum laufen und mich permanent mit ihm streiten würde. Ich überlegte, ihn noch einen weiteren Tag zu vertrösten, aber das war irgendwie auch nicht die tolle Voraussicht, so meinen Samstag zu beginnen. Ich wollte einfach gar nicht dorthin. Also habe ich noch von unterwegs das Kindermädchen angebeamt und sie gefragt. Die hat sofort zugesagt und hatte den Kleinen abgeholt, ehe ich zu Hause war. Sie kamen erst gegen sieben zurück und waren entspannt und glücklich, bewaffnet mit einem neuen Lichtschwert und einer StarWars-Tüte. So konnte ich erst einmal mein Gegrillt-Gefühl unter der Dusche abwaschen und für die Freundin meiner Tochter eine kleine Torte schichten. Ich habe ein Rezept abgewandelt und herausgekommen ist dabei ein Keksboden, eine Creme aus Frischkäse und Sahne und obendrauf eine Granach aus Zartbitterschokolade. Das war schnell gemacht. Um mich wirklich auszuruhen, dafür war ich irgendwie zu aufgedreht. Mein Mann war arbeiten und weil ich so gar keine Lust zum Kochen hatte, gab es nur Nudeln mit Soßenrest bzw. Fertigsoße. War mir egal. Die Große war eh schon weg. Ich war dann noch ziemlich angespannt, weil ich der Freundin meiner Tochter eine Verbindung vom Schwarzwald nach Köln mit drei Umstiegen hatte buchen müssen. Es war auch nie viel Zeit, so dass eine Verspätung eines Zuges die Sache erheblich verkompliziert hätte. Ich hatte auch die Sorge, dass sie dann noch bis tief in der Nacht unterwegs sein würde. Zum Glück waren alle Züge pünkltich und so war sie um kurz nach elf am Hauptbahnhof. Dort hat sie meine Tochter eingesammelt, da war ich dann nicht gefragt. Eine Sache kapiere ich überhaupt nicht: obwohl es mir in letzter Zeit so gut ging, habe ich recht viel und vor allem recht viel Süßes gegessen. Ich habe nicht viel darum gegeben, weil die Stimmen mal leiser waren und ich mich damit auch nicht mehr so sehr stressen wollte. Aber warum ist das dann immer wieder ein Freifahrtschein für's emotionale Essen? Es kann mich wohl tatsächlich immer noch über das Essen stabilisieren. Mich abdämpfen, muss dann nicht so viel fühlen und kann besser funktionieren. Aber das wollte ich doch so nicht. Das ist doch das alte Muster! Ich sprenge immer weiter meine Klamotten und kriege gerade mal wieder richtig Angst. Ich muss ja nicht rappeldürr sein, auch von Größe 36 habe ich mich verabschiedet... aber bei 40-42 wollte ich nie wieder ankommen! Bin gerade auf dem besten Weg dorthin. Offensichtlich sind auch meine Kritiker wieder da und sehr laut. Sie mahnen mich. Und irgendwie haben sie ja auch recht. Nachdem ich mich schon vorgestern Abend ganz unwohl und genudelt gefühlt habe, kam dann der Entschluss, mal einen Cut zu machen. Bewusst nicht jedem Essimpuls nachzugeben. Sondern zu schauen, ob es Hunger oder nur Essdruck ist. Tagsüber hat es ganz gut geklappt, ich habe das Bedürfnis, dem Stress im Büro mit einem Zuckerschub zu begegnen, vorbeiziehen lassen und hatte auch nicht viel Hunger. Abends habe ich mir zwei kleine Stücke dunkle Schokoladen zum Nachtisch genommen, aber später vor einem Film landeten dann doch noch Tortillachips in meinem Mund und als die Mädchen kamen, musste auch ich die Torte probieren. Während die Chips noch irgendwie ok waren, die Torte fühlte sich nicht gut an. Nun ja. Jetzt habe ich noch immer keinen Frühstückshunger, der lässt noch auf sich warten. Zum Glück fragen die beiden Kids hier bei mir auch noch nicht danach. Von meiner guten Stimmung ist gerade auch nicht viel übrig geblieben. Ich fühle mich völlig erschöpft und wünsche mir nur Ruhe und keine Anforderungen. Ich werde es deshalb auch meinem Sohn heute zumuten, dass es kein Programm gibt. Es wird eh den ganzen Tag regnen und vielleicht fahren wir nachher noch zur Klostergärtnerei, aber auch nur, wenn ich wirklich will. Mein Mann wird ja auch bald wiederkommen, heute fällt sein Job ins Wasser.
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Autorin
Tina, geb. 1969 Categories |