Kein Kuchen ist auch keine Lösung!
Mein Leben zwischen Alltagswahnsinn, emotionalem essen, Down-Syndrom und meiner liebe für's backen und Tanzen...
Vor zwei Tagen ist mir mal wieder aufgefallen, dass es so verdammt oft darum geht, wer ist eigentlich mehr überfordert: Du oder ich? Ich finde diese "Spiel" total blöd und überhaupt gefällt es mir nicht, so auf mein Leben zu schauen. Als wäre es eine einzige Überforderung! Klar bin ich schnell dabei, das Außen dafür verantwortlich zu machen, aber ich bin es doch, die es dann so empfindet. Die nicht Stop sagt, nicht gut für sich sorgt. Es gibt zugegebenermaßen manchmal Dinge, die müssen irgendwie laufen, aber ganz oft habe ich doch die Wahl. Vor allem auch, wie ich etwas bewerte. Ich könnte auch sagen, ja ist viel gerade, kriege ich aber hin, es kommen auch wieder ruhigere Zeiten. Und alles wäre nur noch halb so schlimm. Aber scheinbar jammere ich lieber rum. Dann gibt es ja auch - wenn's gut läuft - Aufmerksamkeit dafür. Oder es ist ein Druckmittel gegen meinen Partner. Da finde ich es übrigens besonders schlimm. Als wären wir in einem Ringkampf! Ich habe jedenfalls beschlossen, meine Aufmerksamkeit darauf zu richten und den Impulsen des Jammerns möglichst nicht zu folgen. Übrigens auch, was das Wetter angeht...
Nachdem ich gestern Nachmittag einen Stachelbeerkuchen gebacken habe, bin ich mit dem Kleinen noch mit dem Rad zu einer Freundin. Ich wollte ihr etwas vorbeibringen. Mir war klar, dass sowohl die Radfahrt, wie auch der Einkauf im Anschluß eine entspannte Mutter gebraucht hätte. Seit der junge Mann nun richtig radeln kann, wird er beständig schneller, allerdings nicht, was das Bremsen angeht. Wir sind jedenfalls heil und ohne besondere Vorkommnisse (wenn man von meinen beständigen Stop-Brüllern absieht) in der Siedlung der Freundin angekommen, aber dort war niemand. Die ältere Nachbarin schaltete sich gleich ein, da wär gerade jemand weggefahren, sie wüsste nicht genau wer aus der Familie. Ich sei verabredet, so sagte ich ihr, aber auf meinem Telefon war schon die Nachricht, dass ihr etwas dazwischengekommen sei. Ich sagte meinem Sohn das, der aber für solcherlei Planänderungen kein Verständnis hat und somit steif und fest behauptete, sie sei da. Ich versuchte es eine ganze Weile, was die Nachbarin nicht unkommentiert lassen konnte und mich auf die Palme brachte. Grr, immer diese Sturheit. Irgendwann gab ich auf. Es war sinnlos. Wir hockten uns auf die Treppe und ich musste eh warten, bis er entweder aufgab oder meine Freundin zurückkehrte. Sie würde sich beeilen, wenn wir warten wollten. Wollten? Naja, wir taten es dann eben. Immer wieder fühlte sich die Nachbarin genötigt, mir ein Gespräch aufzuzwingen, das war anstrengend. Dabei wollte sie nur helfen, nur nett sein. Nun ja. Als die Freundin kam, hatte ich schon eine Idee und bat sie, dass ich eben alleine zum Drogeriemarkt fahren dürfte. Mein Sohn wollte ohnehin ja unbedingt ins Haus. Uns blieb danach leider nur Zeit für einen kurzen Plausch, weil mein Mann zu Hause schon mit den Abendessenvorbereitungen zugange war. Schon zu der Zeit dachte ich, es steht 50/50, ob es ein schöner Tanzabend wird. Es fühlte sich schon in Vorfeld nach "zu viel" an und so ist es dann leider auch gekommen. Da ich aber nie sicher sein kann, ob sich das Blatt noch dreht und das Austoben auf der Tanzfläche nach so einer Woche genau das Richtige ist, bin ich gefahren. Und natürlich auch, um die Leute zu treffen, die mir dort so an Herz gewachsen sind. Trotz körperlicher Unfitnes habe ich ein paar schöne Tänzchen mitgenommen und bin dann halt früh nach Hause. Das fühlte sich definitiv richtig an. Ab unter die Dusche und zeitig ins Bett. Gestern war hoffentlich der letzte in der Reihe von angefüllten Tagen! Daran, dass ich zwei Dinge komplett vergessen, ja förmlich gelöscht hatte, kann ich sehen, wie hoch die Belastung im Alltag gerade ist. Immer wenn ich davon schreibe, dann frage ich mich, wie könnte ich es anders machen? Oder zumindest anders erleben? Ich kann manches vielleicht weglassen, aber vieles eben auch nicht - da handelt es sich um ganz normale anstehende Aufgaben. Es kann doch nicht der Sinn des Lebens sein, dass man wie ein Hund mit raushängender Zunge durch die Tage hechelt. Nein, so ist es auch nicht. Es ist schon die Ausnahme. Und dann gibt es eben solche und solche Tage. Tage, an denen einem alles recht leicht von der Hand geht und andere, an denen schon die kleinsten Anforderungen zu viel sind. Ich nehm das also mal als gegeben, aber halte noch mal fest: es ist nicht IMMER so! Gestern jedenfalls fielen mir auf dem Weg zur Zahnreinigung - ich war gerade mit dem Rad mitten auf einer Rheinbrücke - beide Sachen wieder ein. Mir wurde heiß und kalt. Eines war kein Problem, da handelte es sich um einen versprochenen Rückruf, den ich nicht getätigt hatte. Das konnte ich wahrscheinlich einfach nachholen, bzw. schreiben, wie es war. Das andere war ein großer Auftrag, der am nächsten Morgen laufen sollte, der aber in keinster Weise vorbereitet war. Ich schaute auf mein Handy und hatte das große Glück, dass ich auf den letzten Drücker noch die Kollegen im Büro erreichen würde. Die haben sich dann auch wunderbarerweise gekümmert und ich wie ich später von meinem Mann erfahren habe, hat auch alles geklappt. Puh! Das war aber knapp gewesen. Ich muss zu meiner Entschuldigung (vor allem mir selber gegenüber) erwähnen, dass wir gestern eine ziemliche Unruhe auf der Arbeit hatte, weil wir einen kleine Feier hatten, zu der auch zwei Leute zu Besuch kamen. Und ein halbes Glas Sekt hatte ich auch getrunken...
Die Zahnreinigung war dieses Mal extrem unangenehm und schmerzhaft und obwohl die Frau sehr, sehr nett war, musste sie mich darauf hinweisen, dass ich etwas tun müsste. Diesmal nehme ich mir es aber wirklich vor! Im Grunde gehe ich jedesmal motiviert aus der Praxis und nach spätestens drei Tagen kehre ich zu meinen alten Zahnputzgewohnheiten zurück. Es ist mir völlig schleierhaft, warum ich diese nicht dauerhaft verändert kriege. Ich möchte doch meine Zähne pflegen und alles dafür tun, das sie und auch das Zahnfleisch möglichst gesund sind. Was ist daran so schwer? Immer wieder hänge ich an genau dieser Stelle - warum ticken wir Menschen da so? Jetzt ist der Leidensdruck größer, auch weil ich schon vor der Reinigung bemerkt habe, dass ich häufiger Zahnfleischbluten habe. Aber muss es erst ganz schlimm werden, ehe ich da wirklich Verantwortung übernehme? Ich werde es beobachten und mir weiterhin vornehmen, es nicht wieder schleifen zu lassen. Und ich werde berichten! Vielleicht hat diese Übung, die mir mein Buddy vorgeschlagen hat, genau diesen Sinn: Wenn man am Abend ohne Wertung all die Dinge, die man gerne möchte und nicht tut, in eine Schale gibt, dann muss man vielleicht irgendwann handeln. Ansonsten verdrängen wir solche Muster erfolgreich. Gedanklich gibt es unbewusst sonst immer wieder einen Freibrief für die Faulheit, für die Sucht und für was auch immer. Aha. |
Autorin
Tina, geb. 1969 Categories |